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om63 / Band 5
Antonio Lotti (1667–1740)
Dixit Dominus
für Soli und Chor (SATB), Trp, 2 Ob, Str und Bc
Herausgegeben von Christin Seidenberg
in Zusammenarbeit mit Matthias Jung
om63
Ausgaben*

Lottis außerordentlicher Ruhm als Komponist für Kirchenmusik hat seine Wurzeln bereits im 18. Jahrhundert. Der englische Musikgelehrte Charles Burney hörte 1770 von ihm in der venezianischen Kirche San Giovanni e Paolo eine „vierstimmig gesetzte Messe, von keinem andern Instrumente, als der Orgel begleitet“. Seit dieser Zeit galt Lotti als herausragender Meister des a cappella-Stils, und Vertreter kirchenmusikalischer Reformbewegungen im 19. und frühen 20. Jahrhundert feierten ihn als „einen der größten Kirchenkomponisten aller Zeiten“ (Vincenz Goller). Auf der Basis einer solchen Würdigung erreichten einige von Lottis Werken im traditionellen stile antico eine gewisse Verbreitung, während seine großangelegten Messen, Messesätze und Psalmen im stile concertato erst in neuester Zeit auf das Interesse von Musikern und Musikhistorikern stießen.

Ob Lotti während seines Aufenthaltes in der sächsischen Residenzstadt eigene Werke für den Gebrauch in der Dresdner Hofkirche komponierte, geht aus den erhaltenen Quellen nicht hervor. Als die vom sächsischen Kurprinzen engagierte Operntruppe mit Lotti an der Spitze im Herbst 1717 in Dresden eintraf, waren die Sänger zunächst für die Opernaufführungen zuständig, sangen aber zu besonderen Gelegenheiten auch im katholischen Hofgottesdienst. Aus dem Musikalienbestand der Dresdner Hofkirche sind vier Vesperpsalmen in Partituren eines unbekannten italienischen Kopisten erhalten, die möglicherweise mit Lottis Aufenthalt in der sächsischen Residenzstadt in Verbindung stehen. Zu ihnen gehört das hier vorgelegte Dixit Dominus. Großangelegte Kompositionen dieses Psalms mit einer Aufführungsdauer von einer halben Stunde und länger scheinen aber im frühen 18. Jahrhundert in Italien eine gewisse Verbreitung gefunden zu haben, wie vor allem Händels bekanntes, 1707 in Rom entstandenes Werk zeigt, das grundsätzlich demselben Typus folgt. Möglicherweise war Lottis „Dixit Dominus“ gemeinsam mit den anderen drei in Dresden überlieferten Psalmen ursprünglich auch für eine Aufführung in Prag vorgesehen gewesen, wo sich der Komponist während seiner zwei Jahre als Dresdner Hofkapellmeister öfter aufhielt. So vermittelt die hier vorgelegte Edition nicht nur ein ausgesprochen aufführenswertes Werk, sondern kann gleichzeitig Anstöße zu weiteren Untersuchungen auf einem von der musikhistorischen Forschung lange vernachlässigten Feld geben.

(aus dem Vorwort zur Partitur von Gerhard Poppe)

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