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Serie A, Konzerte
om217 / Band 5
Christoph Schaffrath (1709–1763)
Konzert für Cembalo und Streicher c-Moll (CSWV:C:11)
für Cembalo concertato, Str und Bc
Herausgegeben von Jakob Schmidt
om217
Ausgaben*

[…] Das Konzert in c-Moll CSWV:C:11 von Christoph Schaffrath entstand wahrscheinlich in den 1740er oder 50er Jahren. Alle Abschriften des Konzerts sind heute Wilhelm Friedemann Bach zugeschrieben. Der Beginn der Zuschreibungsgeschichte fußt auf einem Kontakt zwischen Carl Friedrich Zelter und Friedrich Konrad Griepenkerl im Jahr 1819. Letzterer zeigte sich als großer Verehrer der Musik Friedemann Bachs, hatte wohl mehrmals versucht Zelter von dieser zu überzeugen, ihn für dessen geringe Anerkennung der Werke implizit Unkenntnis vorgeworfen. Als Falle für den Kenner schickte Zelter Griepenkerl in Reaktion darauf mit den Worten „als Gegengeschenk und Versöhnungspflaster“ ein Cembalokonzert mit der offensichtlich absichtlich falschen Zuschreibung an W. F. Bach. […] Diese „Fälschung“ führte dazu, dass das Konzert bis ins 20. Jahrhundert als Komposition Wilhelm Friedemann Bachs kopiert und rezipiert wurde.

Schaffraths Cembalokonzerte sind sämtlich für zwei Violinen, Viola, Violoncello und Cembalo geschrieben. Sie folgen dem in der zeitgenössischen Konzertform üblichen dreisätzigen schnell – langsam – schnell-Aufbau, sowie im Wesentlichen dem schon für das Vivaldische Solokonzert typischen tonalen Ablauf im Kopfsatz. Ein bei anderen Komponisten selten zu beobachtendes Merkmal stellt dabei die Verwendung von fünf statt der üblichen vier formalen Ritornellabschnitten in den Ecksätzen dar. […] Auffällig ist der hohe Grad der motivischen Verarbeitung, die den aus dem Eingangsritornell abgeleiteten Motiven sowohl im Tutti als auch im Solo zukommt, wobei das Material im Solo selten direkt zitiert wird, sondern zumeist rhythmisch oder intervallisch abgeleitet verarbeitet wird. Als stilistisch ungewöhnlich fällt das Ritornellthema des 1. Satzes ins Auge, das eine Fugenexposition umfasst. […] Als gattungsgeschichtlich interessantes Phänomen lässt sich bei diesem Konzert beispielhaft die Aufweichung der starren Ritornellstruktur durch die Verkürzung der Ritornelle, gemeinsame Verarbeitung des Materials und Ineinandergreifen von Solo- und Ritornellabschnitten, sowie die Ausweitung der Soloabschnitte beobachten. Neben den formgebenden Ritornellen lässt sich nun eine strukturelle Dreiteiligkeit des Satzes erkennen, die sich vor allem tonal und motivisch festmachen lässt und mit durchführungs- und reprisenähnlichen Anlagen bereits Kennzeichen der späteren Sonatenform aufweist. […]

Beachtung verdient auch der 2. Satz dieses Konzertes, der zu jenen Sätzen gehört, zu denen eine durch den Komponisten schriftlich festgehaltene, zweite, stark verzierte Fassung vorliegt. Die Verzierungen wurden aufgrund ihrer Herkunft aus der italienischen Vokalmusik als „italienische“ oder auch „willkürliche“ Manieren bezeichnet. Sie gehörten, vor allem in den langsamen Sätzen, zu einer improvisierenden Aufführungspraxis und oblagen dem Können des Solisten. Durch das beispielhafte Festhalten möglicher Verzierungen wird uns ein authentischer Einblick in eine heute wenig praktizierte, damals jedoch selbstverständliche musikalische Praxis ermöglicht.

Jakob Schmidt (Aus dem Vorwort)

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